Designer-Rassen - Fluch oder Segen?

Designer-Rassen - Fluch oder Segen?

Ursprünglich entstand jede Hunderasse einmal aus verschiedenen Rassen. Der Mensch züchtete Hunde, um sie für verschiedene Zwecke einzusetzen. Es waren robuste Hunde gefragt, die ihre Arbeit verrichteten. Es wurde mit Tieren weitergezüchtet, die sich durch ihre Leistung hervorhoben - in erster Linie ging es um den Verwendungszweck der Tiere und nicht um ihr Aussehen.
Das Aussehen spielte dann eine Rolle, wenn es für den Einsatz vonnöten war: Der Dackel, der als Erd- und Bauhund eingesetzt wird, könnte wohl seine Arbeit nicht verrichten, wenn er längere Beine hätte. Hunde, die für die Wasserarbeit eingesetzt wurden, benötigten Unterwolle und auch eine schützende Fettschicht (Labrador).
So wurde bei Retriever-Arten eine Zuchtauslese betrieben, dass die Tiere keine mäkeligen Fresser waren. Der Labrador beispielsweise stammt aus Kanada und wurde dort neben dem Einsatz bei der Jagd auch als Helfer für die Fischer eingesetzt - er sollte abgetriebene Fische holen und die Netze aus dem Meer ziehen. Hier setzten sich Hunde mit robustem Fell, Schwimmhäuten zwischen den Zehen und der breiten Otterrute durch, die ihnen das Schwimmen erleichterte.
Die lange Arbeit im kalten Wasser verbrauchte sehr viel Energie. Diese Energie mussten sich die Tiere am Ende des Tages wieder „hinauffuttern“. Hochwertiges Fleisch etc. war oft nicht verfügbar. Je mäkeliger der Hund war, desto weniger lange bzw. gut konnte er seine Arbeit verrichten. Somit wurden mäkelige Fresser aus der Zucht genommen und es entstanden die „verfressenen“ Retriever. So haben viele Faktoren dazu beigetragen, dass die Rasse heute so ist, wie sie ist.

Die Natur nennt es „Survivol of the fittest“ - die Tiere mit der besten Anpassung bekommen die Möglichkeit sich fortzupflanzen und ihre Gene weiterzugeben. So entsteht eine natürliche Auslese von schlecht angepassten Tieren. Ähnlich verhielt es sich mit der Zucht. Die Tiere, die schneller schwammen, wurden weiter verpaart - so hat sich eine Rasse in erster Linie entwickelt.

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Entstehung der Rassen & Vererbungslehre


Über einen langen Zeitraum, Jahrzehnte bis teilweise Jahrhunderte sind viele verschiedene Rassen entstanden.

Die Vererbungslehre ist umfangreich und wir wissen wohl trotzdem nur einen Bruchteil. Der Phänotyp (äußeres Erscheinungsbild) ist leichter und schneller zu beeinflussen, da er eine Heritabilität (Erblichkeit) von bis zu 70/80% hat. Je nachdem, wieviele Gene bei der Vererbung einer Komponente (z.b.: Fellfarbe) involviert sind und ob diese rezessiv oder dominant vererbt werden und man die „richtigen“ Tiere (mit dem passenden Genotyp) miteinander verpaart, kann man dieses Merkmal verhältnismäßig schnell über ein paar Generationen festigen. Aber eben nur ein Merkmal und eine Rasse definiert sich ja nicht nur aus der Fellfarbe. Dabei gilt es auch immer darauf zu achten, dass die Tiere nicht zusätzlich Träger von Krankheiten sind oder miteinander verwandt sind.

Verhalten hat eine sehr geringe Heritabilität mit bis zu 7% - das Verhalten wird hauptsächlich durch die Umwelt bestimmt. Dies startet allerdings schon im Bauch der Mutter (pränatale Prägephase) und beginnt mit Tag X der Geburt. Hier beginnt der Welpe Eindrücke kennenzulernen und zu verarbeiten (Gerüche, Geräusche).

Um ein Merkmal innerhalb einer Rasse zu festigen ist es oft ein langer Weg, der sich über viele Jahrzehnte streckt, v.a. wenn es um Will-to-Please oder Arbeitseifer geht.

Rasseverbesserung

Natürlich wurden in Rassen im Laufe der Zeit immer wieder neue Rassen eingekreuzt, um diese zu „verbessern“. Mit Augenmerk auf Verwendung der Hunde wurden dann weitere Tiere eingezüchtet, da man zusätzliche Fertigkeiten wie Schnelligkeit/ Wendigkeit oder Schwimmhäute an den Pfoten benötigte. So züchtete man in den Magyar Vizsla einen Windhund ein, um die Schnelligkeit und Wendigkeit des Vizslas zu erhöhen. Bei der Entstehung des Golden Retrievers waren Spaniels und Setter involviert. Also streng genommen entstand jede Rasse aus vielen verschiedenen Rassen.

Was ist jetzt das Besondere an den Designer-Rassen?

Den Ursprung bildete der Labradoodle. Seit 1989 beschäftigte sich der Australier Wally Conron mit dieser Rasse - diese Rasse wird somit seit 30 Jahren gezüchtet und verbessert. Seine Ursprungsidee war, einen Blindenführhund mit guten Eigenschaften zu entwickeln, der auch für Menschen mit Hundehaarallergie besser verträglich sein sollte.
Leider wurde der Hund dem Anspruch nicht immer gerecht, da auch der Labradoodle dieselbe Menge an Allergene in seinem Fell trägt, wie jeder andere Hund auch. Conron selbst bezeichnete sich später als Frankenstein, der mit dieser Rasse ein Monster geschaffen hat, denn dies war der Startschuss für die Ära der Designer-Rassen.

Was ist ein Designer-Hund?

Bei einem Designer-Hund handelt es sich um einen Hybriden aus 2 REINRASSIGEN Eltern. Das bedeutet, man kann nur z.B.: mit einem reinrassigen Goldie und einem reinrassigen Königspudel einen Golden Doodle züchten. Die Nachkommen (die sogenannte F1-Generation) darf nicht mehr weiter verpaart werden. Denn dann kann man laut Mendelscher Vererbungslehre die Merkmale der F2-Generation nicht mehr voraussagen.

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Was ist das Problem dabei?

Früher waren es „Mischlinge“, die dadurch entstanden sind, dass die Besitzer unaufmerksam waren. Heute gibt es viele Pseudozüchter, die alle möglichen Rassen mischen, weil sie „süß“ aussehen - ungeachtet der Eigenschaften, die die so entstandenen Hunde mit sich bringen.
Während bei der langjährigen Entstehung von Rassen auf ihre Eigenschaften und den Verwendungszweck geachtet wurde, geht es hier oftmals nur um süßes Aussehen.
Es wird leider selten hinterfragt, was z.B.: ein Pomsky (Pomeranian und Husky-Mischling) für Eigenschaften mit sich bringen muss bzw. wofür man ihn einsetzt. Er sieht einfach zuckersüß und putzig aus, was sich gut verkauft.

Doch viele Halter sind dann heillos mit diesen süßen Hunden überfordert, denn der plüschige Pomeranian, der eine große Bellfreudigkeit mitbringt, wird mit einem Husky gepaart, der nicht nur selbständig, sondern auch mit großer Jagdleidenschaft gesegnet ist. Will-to-Please, Arbeitseifer oder Kooperationsbereitschaft bringt dieses Tier selten mit. Doch gerade das sind ausschlaggebende Komponenten, die die Erziehung und das Zusammenleben enorm erleichtern. Oftmals beißt man sich hier schon beim Thema Leinenführigkeit die Zähne aus, weil das fluffige Fellknäuel nur hektisch bellend herumläuft und sich nicht konzenrieren kann. Mit Futter ist er (wie halt Husky-typisch) nicht gut zu motivieren, das Erregungslevel ist sehr hoch (Pomeranian), aber auf Kooperationsbereitschaft oder Will-to-Please kann man lange warten.

Sind Designer-Hunde Begleithunde?

Auch Begleithunde wurden auf Rasseeigenschaften selektiert - hier wollte man tendenziell ruhigere, anspruchslosere Tiere, die Begleiter des täglichen Lebens sind. Auch diese Rassen entstanden über Jahrzehnte bis Jahrhunderte.
Zuletzt der Elo - ein Begleithund, der aus Eurasier, Chow-Chow und Bobtail entstand. Man wollte genügsame Hunde mit mittlerem Bewegungsverlangen, hoher Reizschwelle und möglichst geringem Jagdverhalten -  und man selektierte auch dahingehend, wobei das Aussehen oft sehr unterschiedlich ausfällt.
Leider erwarten sich aber viele Halter (oder es wird vom „Züchter“ so vermarktet) genau diese Eigenschaften von einem Designer-Hund, was nur oft nicht der Fall ist. Welche Anlagen hier zutage kommen ist Zufall (bzw. eigentlich komplexe Vererbungslehre).

Designer-Hunde sind deswegen auch nicht gesünder als Rassehunde, denn wenn Träger von Krankheiten miteinander verpaart werden, treten diese genauso bei den Designerrassen auf


Training mit Designer-Hunden

Das Training eines Jagdhundes, der in der Pubertät oftmals viel Nervenstärke vom Besitzer fordert gestaltet sich in vielen Fällen einfacher, als das mit manchen Designer-Rassen. Denn der Vizsla switcht in den „Arbeitsmodus“ und trotz pubertärer Flausen ist ein Arbeiten (Leinenführigkeit, Rückruf,…) möglich, während manche Desigerrassen sich oft keine 20 sec. konzentrieren können und herumalbern, am Besitzer hochspringen und bellen.
Dann wird der süße Hund schnell richtig anstrengend, denn die Halter hat schon sämtliche Beschäftigungen (Longieren, Shaping, Nasenarbeit,…) ausprobiert, aber das Tier hat nicht nur an keiner Tätigkeit Interesse, sondern springt bellend im Kreis.

Fazit

Es macht einen Unterschied, ob eine Rasse über kürzer oder längeren Zeitraum entstanden ist (bei kürzerem Zeitraum sind die Merkmale noch nicht gefestigt) und dabei eine Selektion auf Eigenschaften betrieben wurde oder ob man einfach willkürlich 2 Rassen miteinander verpaart, weil sie süß aussehen und sich gut verkaufen. Zudem hat man auch keine Garantie, ob tatsächlich nur mit reinrassigen Elterntieren gezüchtet wird, oder ob nicht doch diverse Pomskys miteinander verpaart werden - ungeachtet des Ergebnisses.

Pseudozüchter verkaufen Designer-Rassen oft zu hohen Summen, weil diese „Rasse“ gerade gefragt ist. Und Rassebezeichnungen ploppen wie Schwammerl aus dem Boden: Chi-Tsi, Puggle und Co. Erlaubt ist, was gefällt.

Tipp für Neuhundehalter: Jeder Neuhundebesitzer sollte sich über die Rasseeigenschaften der Elterntiere informieren und dann kann man sich gut selbst ein Bild machen, ob man mit dieser Designer-Rasse Freude haben wird oder nicht.